Markteinführungen: So gelingt der Start Ihres Projekts
12 Tipps für erfolgreiche Markteinführungen
In den letzten Monaten und Jahren habe ich diverse Markteinführungen kommunikativ begleitet, deren Feld breit gefächert war: neue Produkte und Angebote von grösseren und mittleren Unternehmen sowie Lancierungen ganzer Firmen und Startups waren dabei. Die Ausgangslage und Ziele waren sehr unterschiedlich und jede Markteinführungsstrategie wies ihre eigenen Tücken, Hebel, Chancen und Risiken auf.
Trotzdem entstanden aus diesen Erfahrungen einige allgemeingültige Learnings und Best Practices, die das Marketing bei Markteinführungen betreffen.
Hier meine zwölf wichtigsten Punkte:

1. Finanzen, Vertrieb und Scherereien ermorden Firmen
Es gibt hunderte von Gründen, die zu einer guten Markteinführung beitragen. Die Grundidee, das Geschäftsmodell, der Spirit, die Gründer, das Team, das Produkt, das Marketing, die Werbung usw. Wenn neue Produkte und Projekte scheitern liegt dies jedoch meist an einem der folgenden drei Faktoren:
a) Der Umgang mit den vorhandenen Finanzen misslingt
b) der Vertrieb des Angebots versagt
c) Persönliche Faktoren und Streit innerhalb des Unternehmens verunmöglichen den Erfolg
Es gibt viele Faktoren, die bei Markteinführungen stimmen müssen, aber diese drei Bereiche sind entscheidend – setzen Sie hier den Fokus!
2. Timing ist alles!
Der Moment des Markteintritts ist entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Bill Gross hat dies in grösseren Dimensionen untersucht und bezeichnet Timing als den einen Grund wieso die meisten Startups erfolgreich sind oder eben nicht:
Achten Sie stark auf Ihr Timing! Ist Ihre Zielgruppe bereits so weit, um Ihr Angebot zu adaptieren oder sind Sie bereits zu spät dran mit Blick auf das Konkurrenzumfeld? Berücksichtigen Sie das stark bei der Definition des Geschäftsmodells und bleiben Sie flexibel.
3. Langsam, organisch und risiko-arm oder schnell, gross und mit ordentlichem Budget
Es gibt zwei grundsätzliche Herangehensweisen an Markteinführungen:
a) Man berücksichtigt die Best Practices aus Eric Ries Bestseller „Lean Startup“ und entwickelt möglichst schlank mit ständigem Prototyping und Realitätstests ein Produkt oder Service direkt am Markt (z.B. Amazon)
b) Oder man investiert ein höheres Budget in ein fertig entwickeltes Produkt und versucht mit schnellem Wachstum möglichst hohe Erträge zu erzielen und eine Marke zu etablieren (z.B. Zalando)
Meist entspricht die ideale Strategie für Markteinführungen einer Mischform aus beiden Modellen. Grundsätzlich bevorzuge ich schlanke Herangehensweisen, doch sollte die Strategie vor allem der Kostenstruktur des Projekts angepasst werden. Wenn eine Markteinführung grosse Infrastruktur- oder Personalkosten aufweist hat man meist nicht die Zeit ein minimal funktionierendes Produkt in endlosen Optimierungsschleifen am Markt weiterzuentwickeln – die auflaufenden Kosten zwingen einen dazu früher rentabel zu werden. Die Grösse des Projekts definiert daher die strategische Herangehensweise – berücksichtigen Sie dies in von Anfang an.
4. Das Zielgruppe / Marge-Phänomen definiert die lokale Ausdehnung
Bei einem neuen Angebot definiert man vorab die Zielgruppe. Hier stellt sich jeweils die Frage nach der lokalen Ausdehnung (lokal und schlank starten oder von Anfang an gross denken). Dabei sollten v.a. die Grösse der Zielgruppe (nach Interesse) und die Höhe der Marge berücksichtigt werden. Je höher die Marge und je grösser die Zielgruppe desto kleiner darf bei der Markteinführung der lokale Raum sein, denn man bespielt.
Das Zielgruppe / Marge-Phänomen mit Beispielen
5. Bedeutung und Grenzen der Werbung
Immer wieder höre ich, dass die Zeit der Werbung vorbei sei und man heute nur noch auf Community, Content und Dialog setzt. Natürlich ist dies ein wichtiger Aspekt moderner Unternehmenskommunikation, aber erfolgreiche Markteinführungen, die ausschliesslich über Blog-Posts, Social Media-Einträge und Dialogmarketing kommuniziert werden: Das wird nur sehr selten gelingen. Reach und Influence sind unabdingbar, um Bekanntheit zu erlangen und Markteinführungen zum Erfolg zu bringen.
Hier zwei gute Artikel zu dem Thema mit ausführlicheren Beschreibungen, wieso breite Markenbekanntheit auch heute noch wichtig ist:
https://www.stonetemple.com/reach-influence-marketing-priority
https://moz.com/blog/reach-and-influence-your-first-marketing-priority
Eine gute Mediaplanung ist sehr mächtig für erfolgreiche Markteinführungen. Trotzdem weist die Werbung Grenzen auf. Es wird immer eine Gruppe von Personen geben, die ein Produkt oder Service nicht möchten und nicht affin darauf sind (auch innerhalb der definierten Zielgruppe). Diese Gruppe wird auch nicht überzeugt, wenn sie noch lauter und häufiger mit derselben Botschaft konfrontiert wird. Bleiben Sie deshalb flexibel, fangen Sie klein an und verschieben Sie dann Werbebudgets in Bereiche, die am meisten Erfolg aufweisen.
6. PR ist Ihre Chance!
Nutzen Sie unbedingt PR bei der Markteinführung. Zielgruppen können damit sehr gut informiert und überzeugt werden. Ausserdem wird Ihr Produkt für die Medien nie mehr so spannend sein wie bei kurz vor oder kurz nach der Einführung. Nutzen Sie auch Sponsored Content und Native Advertising in dieser Phase.
7. Empathie statt Marktforschung
Vor einigen Jahren habe ich ein längeres Gespräch mit einem Produkt-Manager von Procter&Gamble – dem komplett Marketing-getriebenen, historischen Champion erfolgreicher Markeneinführungen (Gillette, Ariel, Head’n’Shoulders, Oral B, Pampers). Er beschrieb mir die Markteinführungsstrategie des Unternehmens folgendermassen:
1. intensive Marktforschung
2. lokale Produkteinführung
3. bei Erfolg schnelles internationales skalieren
4. Produkte über Top-Vertrieb in die Läden bringen
5. mit grossem Marketing-Budget kommunizieren
Sein Fazit bzgl. Marktforschung: „null Korrelation zum späteren Erfolg“, aber wichtig für die interne Absicherung der eigenen Position.
Marktforschung ist oft kein gutes Vorgehen zur Abschätzung, ob ein Produkt oder Service am Markt erfolgreich sein wird. Eine Laborsituation bildet nie die Situation eines wahren Bedürfnisses ab und die Regeln sind dann auch nicht dieselben wie am Point-of-Sale. Was ich hingegen für unabdingbar halte ist Empathie durch Kommunikation und Interviews mit den Kunden und der Zielgruppe. Das ist nie verlorene Zeit – hier entstehen die grossartigen Lösungen.
8. Aber der Kunde hat nicht die Lösung: that’s your job
Das kann ich nicht genug betonen: Zeit mit der Zielgruppe verbringen ist das A und O. Es geht jedoch um Verständnis und nicht darum Lösungsvorschläge zu erhalten.
Sehr hilfreich ist dafür auch das Value Proposition Model:
Aus dem Verstehen der Zielgruppe können Sie ein erfolgsversprechendes Geschäftsmodell bilden und Ihre Kommunikationsstrategie besser ausrichten.
9. Menschen mögen Menschen
Ein neues Produkt oder Service erfolgreich etablieren benötigt enormes Vertrauen durch die Zielgruppe. Und Vertrauen bringen Menschen vor allem anderen Menschen entgegen. Machen Sie sich deshalb Gedanken über das Employer Branding – also die Rolle, die Mitarbeiterinnen (und die Chefinnen!) für die Marke spielen.
10. Teamgrösse
Selbstverständlich steht hinter einer erfolgreichen Markteinführung stets ein gutes Team. Was jedoch oft unterschätzt wird bzgl. Auswirkung auf die Strategie ist die Teamgrösse. Eine Ein- oder Zwei-Personen-Unternehmung hat „mehr Schnauf“ als ein 200-köpfiges Team mit entsprechender Infrastruktur und Lohnkosten. Unternehmen können wahnsinnig schlank hochgefahren werden, wenn man mit kleinem Team startet. Die Gefahr dabei: wachsende Ungeduld nach dem Start. Wenn sich Freunde selbstständig machen empfehle ich Ihnen deshalb jeweils ein kleines „Back-up-Pensum“ nebenbei, dass sie in der Nacht ruhiger schlafen lässt und einem mehr Zeit und Geduld lässt.
Die andere Seite der Medaille: Je mehr Leute eine Organisation umfasst desto mehr Vertrauen und Seriosität lässt sich aufbauen, was den schnellen den Aufbau eines wertvollen Unternehmens unterstützt.
11. In Kosten-Szenarien denken
Wie bringe ich das Produkt zum Kunden und was kostet das? Wie lagere und sichere ich mein Produkt und was kostet das? Wie kompensiere ich die Kosten für die Logistik? Was tue ich bei unvorhergesehenen Ereignissen? Wie sieht Best- und Worst-Case und wie die Finanzierung der Kosten in beiden Fällen aus?
Denken Sie immer in Szenarien und wägen Sie die Kosten gegen die angenommenen Szenarien ab. Diese Überlegungen beeinflussen den Kern Ihres Unternehmens, nämlich:
– das Logistik-Konzept
– das Budget
– das Pricing
– die Zahlungsmodalitäten
– die Kommunikation
– die passende Unternehmensstruktur
12. Ihre Markteinführung muss scheitern dürfen
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!
Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht: Seien Sie bereit im schlechtesten Fall Ihre Investitionen zu verlieren oder zumindest ihr Geschäftsmodell und alle Anfangshypothesen auf den Kopf zu stellen. Das ist das Risiko unbekannten Terrains und von Innovation.
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Sind auch Sie mit einer Markteinführung beschäftigt und brauchen professionelle Unterstützung: Hier geht’s zur Klickwerkstatt Strategie-Beratung.